Geschichte der Innung der Uhrmacher
Die Uhrmacherei war ursprünglich eine "freie Kunst". Das heißt die früheren Uhrmacher brauchten für diese Tätigkeit keiner Innung angehören. (Lehre ja, Meisterprüfung mit Meisterstück nein). Mit dem wachsenden Bedarf an Uhren und der Entwicklung des Uhrmacherhandwerks war es für die Uhrmacher zweckmäßig eine Innung zu gründen. Dies erfolgte in Berlin bereits um 1552. Hier in Kooperation mit dem Schloßer, Sporer und Büchsengewerk.
Wie bei allen Zunftsatzungen stand auch hier die Vorschrift für die Aufnahme in das Handwerk an erster Stelle. So galt z.B. eine eheliche Herkunft, die Beendigung einer ordnungsgemäßen Lehrzeit, der Nachweis des Fachkönnens ( Meisterstück-genau beschrieben wie ), eine Aufnahmegebühr sowie das Ausrichten eines -nicht billigen- Meisteressens als Bedingung.
Der Werdegang war somit vorgezeichnet: Lehrling - Geselle - Meister. Die Lehrzeit betrug anfangs 3-4 Jahre. Später jedoch 4-5 Jahre. Drei Etappen hatte der Geselle zum Meisterwerden zu absolvieren. Die Vorschriften legte die Innung fest. Sie hießen: Die Wanderschaft. Die Ersitz oder Muthjahre. Die Muthung. Das Anfertigen des Meisterstücks. Es gab eine Unterteilung in Kleinuhren - und Großuhrmacher. Dem beachtend war auch das Meisterstück vorgeschrieben.
Einen hohen Symbolwert hatte von Anfang an die Innungslade. siehe Bild Jede Zusammenkunft wurde "bei der Lade" durchgeführt. Freisprechungen von Lehrlingen und Aufnahme von Meistern wurde bei geöffneter Lade durchgeführt. Festlegungen, Vereinbarungen oder Streitbeendigungen wurde durch Auflegen der Hand bekräftigt. Im Inneren befand sich die Innungskasse. Es gab nur 2 Schlüssel.(Altmeister und Jungmeister als Gehilfe).
Uhrenbau aus Berlin/Potsdam.
Eine durch "Georg Glück Berlin gebaute Uhr ist im Bild zu sehen. Die Uhr ist 48x68 mm groß und ca. 1674 entstanden.
Ein technisch raffinierter Reisewecker von "Pierre Fromery" ist ca.1727 in Berlin entstanden. Bild siehe unten. Wird die Glocke ausgelöst ist gleichzeitig ein Hahn in Funktion der mit einem Feuerstein etwas Pulver und ein Stück Zunder entzündet !! Dieser brennt eine Kerze an die im Kasten liegt und durch öffnen des Deckels dann senkrecht steht und die Umgebung erhellt.
In der zweiten Hälfte des 18 Jhrd. trat eine neue Uhrenform auf. Die Reiseuhr. Sie lößte die Tischuhr mit waagerechtem Ziffernblatt ab. Das Gehäuse war aus vergoldetem Messing. Die Höhe betrug im allgemeinen 15-20cm. Die vielseitige Verwendbarkeit machte die Reiseuhr auch als Offiziersuhr im Felde beliebt. Sie fand dann Ihre direkte Fortsetzung im Pariser Reisewecker des 19. Jahrhd.
Zur gleichen Zeit stieg auch der Bedarf an Taschenuhren ebenfalls sichtlich an. Die Modelle gefertigt von G.Seidel sind mit die ersten Berliner Taschenuhren die einen Minutenzeiger aufweisen.
1787 wurde die erste öffentliche Normaluhr in Betrieb genommen -die Akademieuhr- Heinrich Heine schrieb 1822 dazu: "Es ist just 12 Uhr und die Spaziergangszeit der schönen Welt. Die geputzte Menge treibt sich die Linden auf und ab. Sie wundern sich, das alle Männer hier plötzlich stehen bleiben, mit der Hand in die Hosentasche greifen und in die Höhe schauen. Mein Lieber, wir stehen just vor der Akademieuhr, die am richtigsten geht von allen Uhren Berlins, und jeder vorübergehende verfehlt nicht, die seinige danach zu richten".
Sie war bis 1844 in Betrieb und steht heute im Märkischem Museum.
Am 6. August 1732 wurde ein Patent gegen den Missbrauch bei Handwerkern als Art Staatsgesetz in Preußen eingeführt: Das "Allgemeine Handwercks-Patent". Es beseitigte einige längst überholte Festlegungen der Innungen, kassierte aber auch alle Privilegien. Die Innung war somit eine Handwerkerorganisation und unterstand voll der staatlichen Macht. Alle Insignien, Siegel, Fahnen und Protokollbücher mußten im Rathaus abgeliefert werden. Beratungen und Zusammenkünfte durfte es nur auf fachlichem Gebiet geben. Ein Geselle hatte die Pflicht sich ein Zeugnis für seine Tätigkeit ausstellen zu lassen. Meister die dies verweigerten erhielten eine Geldstrafe. 1840 wurd dies durch das Wanderbuch abgelöst.
Eine spürbare Veränderung für das gesamte Handwerk brachte die Einführung der allgemeinen Gewerbefreiheit 1812 mit sich. Mit Ihr wurden alle Zunftprivilegien aufgehoben. Jeder konnte sich nun niederlassen wo er wollte, ohne einer Innung beitreten zu müßen. Man benötigte -mit wenigen Außnahmen- auch keine Meisterprüfung mehr für die Führung eines Geschäftes oder Betriebes. Das Arbeitsgebiet vieler Uhrmacher änderte sich rasant von der Herstellung hin zur Reparatur. Damit endete 1830/1840 die handwerkliche Uhrenproduktion in Berlin.
Eine weiterhin erfolgreiche Tätigkeit war die Turmuhrenproduktion. Mehrere angesehene Firmen belieferten Deutschland und das Ausland. Die größte Berliner Uhr -die auf dem Roten Rathaus- ist aber kein Berliner Erzeugnis. Es ist eine Meisterarbeit einer FA aus München. (Die Kosten sollten bei 2700 Talern liegen -am Ende kostete die Uhr über 4000 Taler)
Ein weiterer Aufschwung leitete die Nutzung der Elektrizität ein. (Antrieb und Steuerung) Die FA Siemens & Halske baute 1847 Uhrenanlagen mit elektr. ferngeschalteten Zeigern. 1890 wurde die erste Uhrenanlage in Betrieb genommen die das MEZ Zeichen selbsttätig auf 30 Eisenbahnanlagen übertrug, um einheitliche Zeitangaben auf Bahnhöfen zu erreichen. Als Normaluhr diente dazu eine umgebaute Tiede - Pendeluhr Nr. 215. Der Berliner Uhrenbau erhielt somit einen neuen Zweig; die Eisenbahnuhren.
Von Berlin aus erfolgte auch der erste, wenn auch missglückte Vorstoß der Einführung der Armbanduhr. Das Reichs-Marine-Minesterium in Berlin bestellte 1880 -erstmals in der Welt- bei der FA "Girard Perregaux Suisse" Uhren für den Dienstgebrauch, die am Arm getragen werden konnten. Bis dahin waren Armbanduhren nur als Einzelschmuckstücke gefertigt worden. Die 200 hochwertigen Uhren fanden jedoch bei den arroganten Marineoffizieren keinen Anklang und wurden nach und nach zu Taschenuhren umgebaut !
Erst zu Beginn des 20. Jahrhd.setzte sich die Armbanduhr gegenüber der Taschenuhr durch. Vor allem durch den Gebrauch beim Sport. Im Anschluß daran wurde Berlin ein bedeutender Handelsplatz für Uhren. Der steigende Uhrenabsatz erforderte eine gut funktionierende Betreuung. Ersatzteile zu beschaffen war eine wichtige Aufgabe.Hierauf spezialisierte sich z.B. die FA R.Flume Berlin. International tätige Großhandelsfirmen die sich auf die Ausfuhr von Großuhren spezialisierten rundeten das Bild ab.
Sich vom Ausland unabhängig zu machen und eigene technische Leistungen zu erzielen ist somit der Berliner Uhrenindustrie durchaus zuzuschreiben. Ohne Ihre Arbeiten hätte die Uhrmacherei in Deutschland an Glanz verloren und bildete somit die Grundlage für die Ausbildung vieler Fachkräfte der Branche.